Dienstag, 24. März 2015

Craftsy Designer Jeans. Selbstkonstruierte Jeans, Teil 3

Sie ist fertig. Vor einem Beitrag zur Passform muss ich erst noch "Einsatzerfahrung" sammeln, aber vielleicht sind eine Rezension des Craftsy-Kurses "Sewing Designer Jeans" und ein paar Links zum Thema Jeans zwischenzeitlich auch interessant.

Doch erstmal Tragefotos nach zwei Tagen (also schon etwas eingesessen):

Normalerweise trage ich Shirts über dem Bund, aber für Blogfotos gibt's eine Ausnahme.

Der Schnitt ist selbstkonstruiert (hier nachzulesen), Stoff ist Stretchdenim 7 oz von Stoff&Stil (Achtung, der ist nur 130 cm breit!) und über das Jeansgarn habe ich an dieser Stelle schon berichtet.

Genäht habe ich die Jeans mit Hilfe des Craftsy-Kurses "Sewing Designer Jeans" mit Angela Wolf. Ich bin ein Fan von Craftsy und habe schon diverse Kurse gekauft, und trotzdem habe ich eine Weile gezögert: brauche ich diesen Kurs wirklich? Was kann er mir schon zeigen, ich hab' doch schon Hosen genäht (naja, 3 Stück, Kinderhosen nicht mitgerechnet)? Die Inhaltsangabe des Kurses war jetzt auch nicht so spannend: Passform, Gesäßtaschen, Hinterhosen, Hüfttaschen, ... was man halt so zusammennäht, um am Ende eine Jeans zu haben. Aber irgendwann war mal wieder ein Sale und ich wurde schwach und habe zugeschlagen. Und als ich endlich die Zeit zum Nähen fand, habe ich mir den Kurs vorgenommen und "durchgearbeitet".

Ich wurde angenehm überrascht. Kam mir die Inhaltsangabe ursprünglich langweilig vor, war sie in der Praxis einfach unglaublich bequem. Ich wurde an der Hand genommen und konnte Schritt für Schritt meine Jeans nähen, ohne mir groß Gedanken machen zu müssen - die Kursleiterin sagte mir einfach, was ich zu tun hatte. Ein Beispiel: Ich hatte zwar schon Hosenreißverschlüsse genäht und hätte es auch ohne Kurs hinbekommen, aber es war einfach so unglaublich einfach mit dem Kurs: Video anschauen, anhalten, den Schritt nacharbeiten, Video weiterschauen, nacharbeiten, ... perfekter Reißverschluss. Für den richtigen Lerneffekt hätte ich vielleicht ohne direkte Videohilfe und mit eigenen Notizen arbeiten sollen, aber so konnte ich meine erste Jeans komplett ohne Gehirnknoten nähen. Und ich kann den Kurs ja jederzeit erneut ansehen und mir doch noch Notizen machen. Ich schaue übrigens auf dem iPad, den ich neben der Nähmaschine liegen habe - würde ich auf dem Rechner schauen, wäre es vielleicht weniger komfortabel.

Die Sprechgeschwindigkeit der Kursleiterin ist allerdings etwas gewöhnungsbedürftig - sie klingt, als hätte man den Kurs permanent auf doppelter Geschwindigkeit laufen - aber nach einer Weile hört man sich rein. Und ihr Modestil ist auch nicht meiner, aber mit Jeans kennt sie sich definitiv aus. Zum Kursinhalt: Das Nähen einer Kappnaht wird eher kurz erklärt, die Kursleiterin benutzt überwiegend normale Nähte, die nur wie Kappnähte abgesteppt werden - das ist zwar nicht "Original", aber mittlerweile auch in Kaufjeans sehr verbreitet. Generell wird wenig auf Grundlagen eingegangen (etwas Erfahrung sollte man also schon besitzen), aber viele Tipps speziell für das Nähen von Jeans gegeben: welche Materialien, Stichlängen, Techniken für den Umgang mit dem dicken Stoff und für "Distressing" (künstliche Alterung/Abnutzung der Jeans) - wahrscheinlich könnte man sich alle Informationen auch kostenlos über YouTube und diverse Webseiten zusammensuchen, doch - jetzt benutze ich das Wort zum zweiten Mal - so gesammelt in einem Kurs ist es einfach bequem.

Generell muss ich aber sagen, dass ich das Jeans-Nähen unterschätzt habe. Inklusive Zuschnitt habe ich 11 Stunden für diese Jeans benötigt, und dabei habe ich nicht einmal Fronttaschen gemacht (reine Arbeitszeit ohne Pausen/Unterbrechungen, habe allerdings nicht am Stück genäht). Durch Distressing und die Stepparbeiten ist eine Jeans wirklich aufwändiger als eine "normale" Hose. Und ein paar Fehler sind mir trotz des Kurses auch passiert:

Fehlersuchbild: Schrittnaht, Innenbeinnaht, Hosensaum

  • die Hinterhose habe ich leider in die falsche Richtung gebügelt/gesteppt und daher ein lustiges Muster im Schritt - wird aber wohl selten auffallen und immerhin hatte ich so an der Nahtkreuzung nicht mit 6 Lagen Stoff zu kämpfen.
  • beim Absteppen des Innenbeins hatte ich unbemerkte Schwierigkeiten beim Stofftransport, meine Steppnaht lässt daher an einigen Stellen sehr zu wünschen übrig
  • bei der finalen Anprobe musste ich feststellen, dass ich bei der Saumzugabe am Hosenbein wohl etwas knauserig war - letztendlich habe ich die Jeans mit Beleg gesäumt, damit sie nicht zu kurz wird (geht aber!)
Und dennoch - es hat wirklich Spaß gemacht, diese Jeans zu Nähen. Ich habe richtig Gefallen daran gefunden, und da mir die Passform bisher auch zusagt, freue ich mich auf das Zuschneiden der nächsten Jeans (insgesamt möchte ich drei, demnächst endet meine Elternzeit und ich brauche dringend unverschlissene Hosen - ja, so schlimm sieht's in meinem Kleiderschrank aus). Sicherheitshalber werde ich Nr. 1 aber erst probetragen, und danach wird es hier im Blog auch den abschließenden Passform-Beitrag geben.

Bis dahin aber noch ein paar interessante Jeans-Links:

  • der Craftsy-Kurs nennt sich ja "Sewing Designer Jeans". Ich habe mich schon etwas gewundert, was das mit dem "Designer" soll, und es einfach für eine Marketing-Bezeichnung gehalten, bis ich den Artikel "The Secret Language of Jeans" las.
  • der eben genannte Artikel erwähnt verschiedene Gesäßtaschendesigns. Einige davon wurden im "Jean Pocket Project" gesammelt, und auch wenn die Seite mittlerweile verwaist scheint, liefert sie noch gute Anregungen für die Rückseitengestaltung.
  • natürlich gibt es im Internet auch Seiten, die sich ausschließlich mit dem Thema Jeans (tragen nicht nähen) beschäftigen: diese und diese zum Beispiel. In Teilen durchaus inspirierend.
  • wenn man mal wissen will, mit welchen Schritten eine Jeans industriell hergestellt wird: auf der Seite von Joker Jeans gibt's ein paar hübsche (Werbe-)Kurzfilmchen dazu
  • und wer sich kritisch mit dem Thema "Jeans-Massenproduktion" auseinandersetzen möchte, kann sich mal die ARD-Doku "Der Preis der Blue-Jeans" ansehen. Ich finde sie allerdings schwer erträglich - weniger wegen des Inhalts (der ist ja leider bekannt und auch einer der Gründe, weshalb ich selbst nähe), sondern vielmehr, weil ich Kommentare, Ton und auch die Hintergrundmusik sehr tendenziös finde - man hätte das auch weniger reißerisch gestalten können. Besser, wenn auch weniger ausführlich, ist der Beitrag "Die dunkle Seite der Jeans" von Quarks & Co.

Und, habt ihr jetzt auch Lust auf's Jeansnähen bekommen?

Liebe Grüße,
Frau Lotterfix

Edit: Ich verlinke diesen Post jetzt auch noch beim Finale der Herzen vom #HosenHerbst, dem etwas anderen Sew-Along bei Meike von "Crafteln". Eine schöne Aktion, an der ich mich aber wegen anderer Verpflichtungen bisher nicht beteiligen konnte. Die Posts dazu sind auf jeden Fall lesenswert.

verlinkt beim creadienstag

4 Kommentare:

  1. Gratuliere, eine selbst genähte Jeans ist schon etwas Besonderes. Ich nähe meine Jeanshosen auch immer selbst, leider auch ohne Kappnähte, weil meine Maschine das nicht ohne Fehlstiche schafft. Obwohl ich schon viele Hosen genäht habe brauche ich auch ungefähr 8 Stunden zum Nähen einer Jeans (allerdings mit 5 Taschen). Gerade heute habe ich den vorletzten Teil einer Anleitung zum Nähen einer Jeans eingestellt, vielleicht hast du ja Lust zu schauen, wie ich dabei vorgehe.
    Liebe Grüße
    Carmen

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    1. Danke, werde ich gleich mal machen!

      Der von mir benutzte Jeansstoff ist übrigens recht dünn, da würden Kappnähte nicht viel bringen - da hält zwar die Naht mehr aus, aber vorher würde der Stoff daneben aufgeben! ;-)

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  2. Hallo Frau Lotterfix!
    Ich bin richtig begeistert von deiner Geduld und der investierten Arbeit in deine Jeans.
    Die Craftsy-Kurse kannte ich bisher gar nicht, und muss das unbedingt mal googeln. Klingt richtig interessant, und sehr lehrreich.
    Ich danke dir ganz ganz herzlich für den informativen Post zum Jeans nähen - irgendwann möchte ich es auch noch in Angriff nehmen!!!
    Liebe Grüße
    Veronika

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    1. Danke! Ja, für die erste Jeans war es sehr viel Aufwand, vor allem auch mit der Schnittkonstruktion - aber die nächste näht sich dafür hoffentlich schneller! Und wenn ich überlege, wie lange ich in Geschäften nach einer Jeans suchen würde, die genau meinen Vorstellungen entspricht, relativiert sich das ja auch wieder ein bisschen - da kann man ja auch lange mit zubringen und ist dann unter Umständen nicht so zufrieden wie ich jetzt.

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