Dienstag, 17. Februar 2015

Regenbogenkleid & neue Füßchen

Kind1 wollte sich zu Karneval gern als "Regenbogenprinzessin" verkleiden. Ich hatte nicht richtig zugehört und nur "Prinzessin" verstanden (hence Kleid 1), aber als sie beim Anblick des rosa Satin fragte, wo denn die anderen Farben wären, konnte ich mich nicht mehr um das Nähen eines zweiten Kleides drücken.

Da mir das erste Kleid sehr gut gefiel, wollte ich ein weiteres nach dem Schnitt nähen (Willemientje von Farbenmix). Für die Umsetzung meiner Regenbogenidee wurde das Schnittmuster noch verändert, hier die Auflistung aller Änderungen und eine kleine Skizze:
  • Saum vom Überrock begradigt (kein Bogenausschnitt)
  • Passe verlängert & mit Rock zu einem Schnittteil verbunden
  • dieses Schnittteil dann längs in Streifen geschnitten
  • Träger etwas nach innen versetzt

Technische Zeichnung

Generell sollte das Kleid weniger prinzessinenhaft werden, damit Kind1 es auch noch als normales Sommerkleid tragen kann. Ich entschied mich daher für einfache Baumwollstoffe, die ich um zwei selbstgefärbte Stoffe ergänzte, und ich freue mich echt, dass ich dieses Projekt komplett aus Bestandsmaterialen nähen konnte (wie wohl viele Näherinnen kaufe ich mehr Stoffe als ich vernähe, dieser Entwicklung möchte ich in 2015 mit einer Stoffstatistik etwas entgegensetzen).

Hier das Endprodukt:

Regenbogenkleid nach Farbenmix "Willemientje"

Stoffe: Blau und Grün sind Baumwollleinen von Stoff&Stil, Pink ist Baumwollstoff "Moire" von Buttinette, Rot ist irgendein Quiltstoff, Gelb und Orange sind selbstgefärbt (Ausgangstoff war ein weißer Quiltstoff), das helle Rosa vom Unterkleid ist Popeline Kornfeld vom Stoffekontor. Rot/Orange/Gelb gefallen mir durch ihre leicht melierte Struktur am besten, das Baumwollleinen ist ok, aus dem Buttinette-Stoff würde ich kein ganzes Kleid nähen, aber für Akzepte ist er auch ok (fällt nicht so schön). Die Popeline ist für das Unterkleid sehr gut, wäre mir für das Oberkleid aber zu steif (sie ist leicht und dünn, aber halt etwas steif).

Man kann in dem Kleid auch putzen, wenn man unbedingt möchte.

Das Kleid wurde im wesentlichen nach der Anleitung von Farbenmix genäht, am Rücken habe ich mich dabei das erste Mal an einem nahtverdeckten Reißverschluss versucht. Ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden, auch wenn die beiden Hälften nicht ganz auf der gleichen Höhe abschließen - man muss ja auch noch Raum für Verbesserungen lassen :-). Zum Nähen habe ich meinen neuen Spezialfuß für nahtverdeckte Reißverschlüsse benutzt und damit ging es - wie von einigen anderen Selbstnäherinnen auf Twitter schon angekündigt - tatsächlich sehr leicht.

Fuß für nahtverdeckten RV // Außenansicht RV // Innenansicht RV

Das war nicht der einzige Spezialfuß, der bei dem Kleid zum Einsatz kam - ebenso habe ich meinen neuen "Vertikalstich-Ausrichtungsfuß" und meinen "Kräuselfuß" verwendet (ich habe eine Schwäche für Nähfüße).

Ausrichtungsfuß // Ausrichtungsfuß // Kräuselfuß

Der Vertikalstich-Ausrichtungsfuß (in manchen Geschäften auch "Stichführungsfuß") ist ein Fuß mit einem eingebauten Lineal und eignet sich super für das genaue Abstandshalten beim Nähen. Im linken Bild sieht man, wie ich damit exakt eine Nahtzugabe von 1 cm einhalte, obwohl ich die Hilfslinien auf der Stichplatte nicht erkennen kann, weil ich den unten liegenden Stoff vom Oberkleid eher schlampig zugeschnitten habe (im angepassten Schnittmuster wollte ich keine Nahtzugabe einzeichnen und habe daher etwas improvisiert). Im mittleren Bild sieht man, wie ich den Fuß nutze, um beim Säumen eine zweite parallele Naht zu nähen.

Den Kräuselfuß (rechtes Bild, hier ein Produktvideo) habe ich schon länger, aber noch nie wirklich genutzt. Bei Willemientje kam er endlich zum Einsatz, da ich damit den Rüschensaum recht schnell annähen konnte: einfach einen extra langen Stoffstreifen säumen und direkt mit Hilfe des Kräuselfußes festnähen, dabei am Anfang ca. 5 cm Stoffstreifen nicht festnähen (für den späteren Ringschluss). Ein paar Millimeter vor Ende des Saumkreises habe ich dann den Rest des Stoffstreifens mit etwas Nahtzugabe abgeschnitten und das Ende des Stoffstreifens mit dem Anfang zusammengenäht (= Ringschluss). Dabei bleibt zwar ein Rest Saumstreifen übrig, aber dafür brauche ich nichts genau abmessen oder heften und mühselig verteilen. Ich habe den Saumstreifen erst mit dem Kräuselfuß an das Kleid genäht und danach die Kante noch einmal mit der Overlock versäubert.

Den Saum vom Oberkleid habe ich mit Satinband verstürzt. Ist nicht optimal, da sich das Satinband nicht so schön an die Rundungen anpasst, aber "it does the job". Zum Feststeppen das Saumes von außen habe ich wegen der vielen verschiedenen Farben mit Transparentgarn gearbeitet, was ich aus dem Quiltbereich kannte (ich habe auch eine Schwäche für Spezialgarne).

Saum vom Oberkleid von innen und außen

So. Mit dem Gesamtergebnis bin ich sehr zufrieden, jetzt hoffe ich, dass das Kleid im Sommer rege zum Einsatz kommt und die schwer entfernbaren Flecken lange auf sich warten lassen (die Tomatensauce im Kindergarten eignet sich nämlich auch super zum Stoffe färben).

Liebe Grüße,
Frau Lotterfix

Anmerkung: ich habe beim Korrekturlesen dieses Blogartikels 15 Mal das Wort "übrigens" rausgestrichen. Irgendwie gruselig.

verlinkt bei creadienstag und meitlisache

Donnerstag, 12. Februar 2015

Geschlechterklischees - ein Mini-Rant zu Karneval

Heute morgen, auf dem Weg zum Kindergarten: "Mama, sind Prinzessinnen oder Ritter stärker?" Einfach. "Das hängt davon ab, wer mehr trainiert hat, Schatz, Prinzessinnen und Ritter können gleich stark sein."*

Die Nachbarin: "Aber Ritter beschützen doch die Prinzessinnen." Durchatmen. "In unserem Haushalt nicht. Bei uns beschützen wir uns alle gegenseitig!"

Bitte, liebe Miteltern: muss es sein, dass wir die Geschlechterklischees zu Karneval noch weiter befeuern?

Liebe Grüße,
Frau Lotterfix

*Ja, es gibt zwischen den Geschlechtern Unterschiede in der Muskelkraft, die biologisch bedingt sind. Recht gut finde ich dazu diese Erklärung der Uni Bochum. Aber darum geht es hier eigentlich nicht.

Dienstag, 10. Februar 2015

Spielerei: Stoffe färben mit Procion MX

Als ich letzte Woche erwähnte, dass ich für mein Regenbogenkleid noch ein paar Stoffe färben muss, fragte Madamsel, womit ich eigentlich färbe. Und da meine Antwort "Procion MX" bei vielen Näherinnen wahrscheinlich Fragezeichen hervorruft, dachte ich, ich stelle die Farben und meine bisherigen Erfahrungen damit einmal kurz vor. Vorher aber ein Wort der Warnung: wer dazu neigt, sich spontan in neue Kreativideen zu verlieben, sollte lieber nicht weiterlesen, das könnte sonst wieder ins Geld gehen.


Procion MX ist eine sogenannte Kaltwasser-Reaktivfarbe. Im Gegensatz zu Simplicol kann man damit kalt färben, dafür braucht man aber zusätzlich zur Farbe noch ein Reaktions- und Fixiermittel (in der Regel Sodalösung). Ich weiß gar nicht mehr, in welchem Zusammenhang ich über die Farben gestolpert bin, aber sie sind wohl bei Quiltern und Textilkünstlern sehr beliebt. Ich hatte mir jedenfalls schon 2011 das Buch "Färben in der Tüte" von Susanne Muuß bestellt, dann irgendwann mal den Craftsy-Kurs "Color Play for Quilters" belegt und dann die fixe Idee gehabt, den im Kurs vorgestellten Farbkreis doch mit Stofffarben umzusetzen.
Kleiner Einwurf: ich habe mich ja schon an verschiedenen Stellen als "Farblegastheniker" geoutet. Ich besitze kein intuitives Farbgefühl und daher nähere ich mich dem Thema von seiner theoretischen Seite, da ich es für das Nähen als sehr wichtig erachte. In diesem Zusammenhang belegte ich also den Craftsy-Kurs, und in diesem Kurs wird als eine der ersten Übung aus den drei Farben Gelb, Türkis und Magenta ein Farbkreis erstellt. Im Kurs wird aber nicht mit Stoffarben, sondern mit Acrylfarbe gearbeitet.
Gut, ich habe also die drei oben gezeigten Farben bestellt (bei patchworkshop.de), außerdem noch diverse Plastikspritzen, Messzylinder und eine Digital-Waage mit 0,01 g Genauigkeit (eine sogenannte "Fein-" oder "Goldwaage", ich selbst nenne sie gern meine "Dealer-Waage"). Die genauen Messinstrumente waren notwendig, da ich reproduzierbare Färbereihen erstellen wollte, natürlich kann man sich auch einfach seine Wunschfarbe fertig kaufen und dann braucht man diese Extras nicht. Was man aber noch benötigt sind Soda und Salz sowie Färbebehälter (Plastikbeutel oder -dosen). Eine sehr detaillierte Anleitung findet sich übrigens hier.

Mit diesem Equipment habe ich gezielt Farbreihen gefärbt, von Gelb zu Blau, von Blau zu Magenta und von Magenta zu Gelb. Ich habe dafür von den jeweiligen Farben jeweils 1%ige Farblösungen erstellt und in unterschiedlichen Mengen gemischt (Susanne Muuß geht in ihrem Buch detaillierter darauf ein, meine Vorgehensweise entspricht einer Kombination der Abschnitte "Stufenfärbung mit zwei Farben" und "Ein Weg zur Wunschfarbe"). Dabei habe ich wie von Frau Muuß vorgeschlagen ein "Färbeprotokoll" erstellt.

Färbeprotokoll nach "Färben in der Tüte" von Susanne Muuß

Das Ergebnis hat mich echt positiv überrascht. Nicht nur, weil die Farben extrem leuchtend und harmonisch waren, sondern vor allem, weil sich mir durch diese praktische Erfahrung das Thema Farben mischen und Farbkreis endlich mal erschlossen hat (ich hatte Kunst abgewählt, ähem). Im Folgenden ein Foto vom entstandene Farbkreis (die quadratischen Stoffstücke wurden pur gefärbt, die Stoffstücke dazwischen sind jeweils Mischungen aus den angrenzenden puren Farben):

Farbkreis, gefärbt mit Procion MX

Mit diesen Stoffproben und den notierten Rezepturen bin ich jetzt in der Lage, mir bei Bedarf meine Wunschfarbe herzustellen. Lange waren die Stoffproben Streichelstückchen, die ich aufgrund ihrer Farben einfach nur gerne angeschaut habe, beim Herbstquilt habe ich das Wissen erstmals praktisch anwenden können, und jetzt habe ich mir einen Teil der Stoffe für das Regenbogenkleid gefärbt. Und weil es praktisch keinen extra Aufwand gemacht hat, habe ich dabei auch ein paar hellblaue Stoffe gefärbt, für die ich aufgrund ihrer Farbe keine rechte Verwendung hatte (auf die Idee brachte mich Antje von machen statt kaufen - einfach mit Magenta überfärbt, um ein Lila zu erhalten). Das Ergebnis fand ich wieder überraschend: die Ausgangsfarbe der Stoffe war fast identisch, die Stoffqualität leicht unterschiedlich (ein Single- und ein Interlock-Jersey, beide aus einem Trigema Putzlappenpaket). Die Unterschiede in der Stoffqualität haben ausgereicht, um zwei sehr unterschiedliche Farben zu erzeugen, obwohl beide im selben Plastikbeutel mit der selben Farblösung gefärbt wurden. Wahrscheinlich enthält der Interlock etwas Synthetik? Ich färbe übrigens in Plastiktüten, die ich sicherheitshalber in einen Eimer stelle. Der Stoff kann sich so nicht frei bewegen, was eine leichte Struktur erzeugt (keine reiner Uni-Ton), aber genau diese Struktur finde ich reizvoll.

Jersey färben: links der ursprüngliche Farbton, daneben die gefärbten Stoffe

Eigentlich müsste ich auch einmal Färbereihen mit Schwarz erstellen, um gebrochene Farben besser zu verstehen. Und in Susanne Muuß' Buch gibt es noch jede Menge toller Ideen, die ich gern ausprobieren würde... der Tag hat einfach zu wenige Stunden.

Ach, bevor ich es vergesse: das Regenbogenkleid ist übrigens schon fertig. Dazu kommt aber demnächst noch ein eigener Blogpost.

Liebe Grüße,
Frau Lotterfix

verlinkt beim creadienstag

Freitag, 6. Februar 2015

Prinzessinenkleid nach Farbenmix "Willemientje", Teil 2 / Fertig

Voller Stolz präsentiere ich meine fertige Version von Farbenmix Willemientje:

Prinzessinenkleid nach Farbenmix "Willemientje"

Ich bin da ja eigentlich nicht so, aber bei diesem Kleid möchte ich am liebsten ein großes Schild ranhängen: "Schaut mal! Hab ich selbst gemacht! Ist das nicht toll?". Letzte Woche sah es ja schon recht gut aus, aber die Rüschen und auch der Bolero geben dem Kleid dann noch den letzten Schliff. Bei Farbenmix läuft der Schnitt unter der Kategorie "StarSchnittPattern" und irgendwie hat er wirklich etwas besonderes... das kann man auch daran erkennen, dass es unglaublich schwierig ist, das Kleid in angezogenem Zustand zu fotografieren, denn Kind1 fängt mit Drehen und Tanzen an, sobald sie es anzieht:


Die verwendete Stoffe sind von stoffe.de, Paillettenjersey und Brautsatin für das Kleid (in 3 verschiedenen Farben) und Wellness Flausch für den Bolero. Letzterer ist voll kuschelig toll, war aber durch das Volumen irgendwie biestig zu vernähen (meine Overlock hatte Schwierigkeiten beim Stofftransport).

Ein paar kritische Anmerkungen zum Schnitt möchte ich mir aber noch erlauben:
  • die Träger sind meiner Meinung nach zu nah an den Schultern. Ja, Kind 1 ist eher schmal & der Satin sehr rutschig, aber wenn man sich andere Fotos des Kleides im Netz ansieht, scheint es verbreitet zu sein, dass die Träger fast von der Schulter rutschen. Gefällt mir nicht so und ich werde den Schnitt für die nächste Version des Kleides anpassen.
  • der Bolero-Schnitt ist sehr knapp: nach der ersten Anprobe des Boleros war ich enttäuscht, wie knapp er ausfällt (eng und Ärmel zu kurz). Ich habe dann zusätzlich eine Blende und einen extrabreiten Ärmelsaum angenäht und bin jetzt zufrieden.
  • die Beschriftung der Bolero-Schnittmusterteile ist mangelhaft: aus dem Schnittmuster ist nicht ersichtlich, wo beim Ärmel vorn und hinten ist! Ich habe mir dann überlegt, dass das längere Ärmelstück wahrscheinlich nach hinten gehört (weil sich das mit meinen bisherigen Erfahrungen deckt), aber genau weiß ich es nicht. An Ärmel gehören unbedingt Passzeichen.
Ich finde das Schnittmuster nicht perfekt, aber trotzdem sehr gut gelungen (Anmerkung: ich habe es etwas angepasst, damit das Kleid etwas "prinzessiger" ist, Details findet ihr hier). Einem Anfänger würde ich den Schnitt nicht empfehlen, aber mit etwas Näherfahrung ist er wirklich schön - bodenlange Rüschenkleider sieht man ja nicht so häufig.

Mit der gleichen Schnittmusterbasis möchte ich jetzt übrigens noch ein "Regenbogenprinzessinenkleid" nähen, dafür habe ich den Schnitt noch weiter angepasst: beim Oberkleid habe ich die Schnittteile von Ober- und Unterteil miteinander verbunden (jeweils für die Vorder- und Rückseite) und anschließend längs in Streifen geschnitten. Für die Rückseite sehen die zugeschnittenen Teile dann so aus:


Bei der Vorderseite habe ich außerdem den bogenförmigen Saum durch einen geraden Saum ersetzt. Jetzt muss ich aber erstmal in die "Färbeküche", da mir noch Stoff für die gelben und orangenen Regenbogenstreifen fehlt und ich diesen gern wieder selbst färben möchte.

Liebe Grüße,
Frau Lotterfix

verlinkt bei meitlisache